http://www.plan-deutschland.de Rechtsanwalt Marcus Kreuzinger: 04/01/2008 - 05/01/2008

Dienstag, 22. April 2008

Auslobung eines Luxussportwagens im Rahmen eines Preisrätsels

Der u.a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (I ZR 29/03) hatte auf Klage eines Herstellers von Luxussportwagen darüber zu entscheiden, ob eine Markenverletzung bzw. ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn eine Zeitschrift zusammen mit einem Hersteller für Kräuterlikör ein Preisrätsel veranstaltet, bei dem ein teurer Sportwagen einer bekannten Marke gewonnen werden kann, wobei an dem abgebildeten Fahrzeug das ebenfalls bekannte Emblem des Kräuterlikörherstellers angebracht war.

Anders als das Landgericht hatte das Berufungsgericht Ansprüche des Sportwagenherstellers verneint. Die hiergegen eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat Ansprüche aus dem Markengesetz abgelehnt, weil die Marken-rechte durch den Verkauf des Fahrzeugs an den Kräuterlikörhersteller erschöpft seien. Durch den im Markengesetz geregelten Erschöpfungsgrundsatz werde dem Markeninhaber zwar die Entscheidung über das erstmalige Inverkehrbringen zugewiesen, die (markenrechtliche) Kontrolle des weiteren Vertriebsweges aber im Ergebnis untersagt. Markenrechtliche Ansprüche seien nach Veräußerung nur dann anzunehmen, wenn berechtigte Interessen des Markeninhabers der weiteren Verwendung entgegenstünden.

Der Bundesgerichtshof stellt in seiner Entscheidung darauf ab, dass die Auslobung einer fremden Ware im Rahmen eines Preisrätsels für sich allein kein berechtigtes Interesse des Markeninhabers berühre. Dem lauteren Vertrieb der Markenware sei auch ein solcher Nutzen vielmehr eigen. Daher komme es in dem Fall maßgeblich darauf an, ob die Gestaltung der Werbung, insbesondere die Anbringung des Kennzeichens des Sponsors, eine andere Beurteilung erforderlich mache. Dies habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Herkunfts- und Garantiefunktion der Marke sei in keiner Weise beeinträchtigt worden. Eine unlautere Rufausbeutung liege ebenfalls nicht vor. Der Verkehr sehe in dem aufgebrachten Emblem des Unternehmens lediglich den Hinweis, dass dieses als generöser Sponsor auftrete. Diesem sachlich zutreffenden Eindruck wohne eine unlautere Ausbeutung des guten Rufs der Marke des Sportwagenherstellers nicht inne. Weder die Werbeanzeige noch das Emblem auf dem Fahrzeug hätten einem verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck vermittelt hat, es liege ein gemeinsames Sponsoring des Preisrätsels oder eine vertragliche Beziehung zwischen dem Sportwagenhersteller und den Veranstaltern des Preisrätsels vor.

Wettbewerbswidriger Räumungsverkauf – Scheinräumungsverkauf

Ein unmittelbarer Wettbewerber von Ihnen führt wegen einer Filialschließung oder einer Geschäftsaufgabe einen Räumungsverkauf durch, betreibt jedoch sein Unternehmen auch nach Beendigung des Räumungsverkaufs unverändert weiter. Ist sein Handeln wettbewerbswidrig und steht Ihnen ein Unterlassungsanspruch zu?

Nach altem Recht musste für die Durchführung eines Räumungsverkaufs eine Räumungszwangslage vorliegen, d. h. es mussten besondere Räumungsgründe wie z. B. der Eintritt eines außergewöhnlichen Schadensereignisses gegeben sein. Der Räumungsverkauf war bei der Industrie- und Handelskammer anzuzeigen und auch zeitlich begrenzt.

Sog. Sonderveranstaltungsverbote, wozu früher auch der Räumungsverkauf zählte, sind mit der UWG-Reform 2004 weggefallen. Preisherabsetzungen des gesamten Warenangebots sind unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sortiment erlaubt. Begriffe wie „Schlussverkauf“, „Jubiläumsverkauf“ und „Räumungsverkauf“ sind somit freigegeben. Hierbei ist die Verwendung dieser Begriffe jedoch nur solange zulässig, soweit die Werbung nicht irreführend ist.

Eine Form der Irreführung ist gegeben, wenn der Kaufmann den Räumungsverkauf nicht nur dazu nutzt, seine auf Lager befindliche Ware zu veräußern, sondern auch extra hierfür zusätzlich erworbene Ware verkaufen will. Für einen Außenstehenden lässt sich aber in der Regel nicht erkennen, ob zusätzlich erworbene Ware verkauft wird oder ob hinsichtlich der im Rahmen des Räumungsverkaufs zum Verkauf von Waren eine Räumungsnotlage besteht.

Gerade bei der Durchführung des Räumungsverkaufs sind typische Irreführungen allerdings nicht ausgeschlossen. Diese Form der Sonderverkaufsveranstaltung kann durchaus zu einer erhöhten Warennachfrage bei dem jeweiligen Unternehmen führen, weil die von dieser Werbung angesprochenen Kunden sich deutliche und über das normale Maß hinausgehende Preisvorteile versprechen. In diesem Zusammenhang ist gleichfalls darauf hinzuweisen, dass bei der Bewerbung von Waren im Rahmen eines Räumungsverkaufs eine ausreichende Warenvorrätigkeit gegeben sein muss. Ist dies nicht der Fall, verstößt der Kaufmann gegen das Verbot der Lockvogelwerbung.

Inwieweit der Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe oder einer Filialschließung nur zum Schein erfolgt ist, stellt sich für den Mitbewerber erst nachträglich heraus, so dass ein Unterlassungsanspruch ins Leere geht. Da zu diesem Zeitpunkt der Räumungsverkauf bereits beendet ist, steht ihm ein Unterlassungsanspruch nicht mehr zur Verfügung, mit dem er den irreführend angekündigten Verkauf hätte unterbinden können. Ein Verbot für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes nach Beendigung des Räumungsverkaufes gibt es seit der UWG-Reform nicht mehr.

Hinzu kommt, dass der Kaufmann möglicherweise begründen können wird, warum er sich anders besonnen hat. Da die Gründe für eine Geschäftsaufgabe nicht objektivierbar sind, kann ein Mitbewerber, der nach einem Räumungsverkauf seinen Geschäftsbetrieb fortsetzt, stets behaupten, er habe seine Pläne geändert, weil er z. B. aufgrund des unerwarteten Erfolgs des Räumungsverkaufs in die Lage versetzt wurde, die dringend notwendigen Investitionen zur Weiterführung seines Geschäftsbetriebes vorzunehmen.

Die gesetzlichen Änderungen werden zum einen damit begründet, dass Räumungsverkäufe heute weniger attraktiv seien, da der Kaufmann jederzeit seine Lager durch legale Sonderverkäufe leeren kann. Zum anderen wollte der Gesetzgeber von einem Verbot der Fortsetzung des Geschäftsbetriebes nach Räumungsverkauf Abstand nehmen, da dies mit Anzeigepflichten bei der IHK sowie Kontrollbefugnissen der IHK verbunden gewesen wäre. Von einer derartigen Überregulierung wollte man jedoch absehen.

BGH: Irreführung über den Warenvorrat im Onlinehandel bei unzureichendem Hin-weis auf längere Lieferfristen

Wettbewerbswidriges Handeln eines Internet-Versandhauses liegt dann vor, wenn die beworbene Ware nicht unverzüglich versandt werden kann, es sei denn das werbende Unternehmen hat auf das Bestehen einer abweichenden Lieferfrist unmissverständlich hingewiesen

Trotz der Tatsache, dass der Bundesgerichthof mit Urteil vom 7. April 2005 entschieden hat, dass die Bewerbung einer Ware über ein Internetversandhaus dann wettbewerbswidrig ist, wenn hinter der Werbung nicht auch eine angemessene Menge an Waren zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage zur Verfügung steht, werden gerade im Internet wiederholt Waren beworben, obwohl der Händler keinen oder zumindest nicht ausreichenden Vorrat zur Verfügung hat.

Der Händler muss sich derart absichern, dass er eine zu dem jeweils angekündigten Zeitpunkt bzw. Zeitraum nach den Umständen zu erwartende Nachfrage befriedigen kann. Was unter den jeweiligen Umständen zu verstehen ist, hängt natürlich vom Einzelfall ab, insbesondere der Eigenart der angebotenen Waren (z.B. Saisonartikel) ab.

Die sog. Grundsätze der Vorratshaltung gelten auch hinsichtlich der Bewerbung von Artikeln über Versandhäuser im Internet oder Onlineshops. Der Verbraucher erwartet und darf erwarten, dass auf seine Bestellung hin unverzüglich die Ware versandt wird. Unbeachtlich ist dabei, ob der Werbende sie selbst auf Lager hält oder von einem Großhändler abruft.

Im Gegensatz zu Versandhauskatalogen, die meist einmal jährlich erstellt werden, besteht bei Internetangeboten die Möglichkeit, die Angebote innerhalb weniger Minuten oder Stunden zu aktualisieren. Daher darf das angesprochene Publikum davon ausgehen, dass die über das Internet angebotene Ware verfügbar ist und muss keine Wartezeit von mehreren Wochen hinnehmen.

Anders verhält sich dies jedoch, wenn sich der Onlinehändler geeigneter Zusätze bedient, die sich entweder auf einen gewissen Angebotszeitraum beziehen oder auf längere Lieferfristen schließen lassen.

Als ausreichend hat es der Bundesgerichtshof erachtet, wenn ein derartiger Hinweis auf das Abweichen der Lieferfristen auf einer durch Anklicken eines Links erreichbaren "Produktseite" gegeben wird.

Begründet wird dies damit, dass sich der vermeintliche Besteller bereits zielgerichtet auf die Seite des Onlinehändlers begeben hat und erfahrungsgemäß über die Fähigkeit verfügt, einen Link zu erkennen. Vergleichbar ist dies mit dem Link „Impressum“, hinter dem der Besteller Identität und Anschrift etc. des Onlinehändlers vermutet. Der Besteller wird diejenigen Links abrufen, die er für die Bestellung des gewünschten Artikels benötigt oder zu denen er durch Links oder unmissverständliche Hinweise, die er bis zum Vertragsabschluss erhält, geführt wird.

Wichtig ist bei solchen Links oder Hinweisen, dass diese erkennbar und nicht versteckt angebracht sein dürfen. Der Link bzw. der Hinweis muss so angelegt sein, dass der Käufer ihn nicht nur erkennt, sondern als zum dem beworbenen Produkt gehörend ansieht.

Mittwoch, 2. April 2008

Auch ein Streik des Bodenpersonals entbindet eine Fluggesellschaft nicht von ihren Betreuungspflichten

Schutz von Fluggästen: Nach einem Urteil des Amtsgericht Charlottenburg (218 C 626/06) stehen einem Fluggast die eigenen Kosten des Rücktransportes gegen die Fluggesellschaft auch dann zu, wenn der Rückflug wegen eines Streiks annuliert wurde.Urteil wurde in zweiter Instanz (LG Berlin 51 S 290/07) bestätigt. Nach entsprechendem Hinweis nahm die Fluggesellschaft die Berufung zurück.


Das Amtsgericht Charlottenburg (218 C 62606) hatte über eine Klage gegen die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zu entscheiden, in welcher von dieser Schadensersatz für den Rücktransport aufgrund eines durch Streik ausgefallenen Rückfluges begehrt wurde. Das Gericht sprach den Anspruch vollumfänglich zu, weil die durch die Fluggesellschaft ergriffenen Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um davon ausgehen zu können, dass sie alles Zumutbare getan hat, um diese außergewöhnlichen Umstände zu vermeiden.

Der Kläger erschien am Tag des Abfluges, dem 28. Juli 2007 rechtzeitig vor dem vereinbarten Abflugzeitpunkt am Flughafen in Barcelona. Bei Ankunft auf dem Flughafen wurde ihm mitgeteilt, dass das Bodenpersonal der spanischen Fluggesellschaft auf dem Flughafen Barcelona streiken würde und mit einer Verspätung des Abfluges erst nach einigen Stunden um 13:00 Uhr zu rechnen sei. Beim daraufhin erfolgten Einchecken wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er zu einem ca. 100km entfernten Flughafen gebracht werde. Um 20:00 Uhr wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der von ihm gebuchte Rückflug ersatzlos gestrichen worden sei. Über die mitgeteilte Hotline wurde dem Kläger sodann telefonisch ein Rückflug für den 3. August 2007 angeboten.

Da der Kläger am 31. Juli 2007 wieder seine Arbeit aufnehmen musste, buchte er am 29. Juli 2007 die Rückreise per Bahn zu einem Gesamtpreis von 917,00 EUR. Auf Antrag des Klägers gegenüber der Beklagten, ihm die Bahnfahrtkosten zu erstatten, leistete die Beklagte eine Rückzahlung des anteiligen Preises für den vereinbarten Rückflug in Höhe von 268,00 EUR, so dass der Kläger die Differenz in Höhe von 649,00 EUR von der Beklagten als Schadensersatz beansprucht.

Das Gericht bestätigte die Anwendbarkeit der Vorschriften der VO (EG) Nr.261/2004, weil diese Vorschriften den allgemeinen Vorschriften des Werkvertragsrechts des BGB als spezielle Rechtsvorschrift vorgehen.

Der laut Buchung zwischen den Parteien vereinbarte Rückflug von der Beklagten unstreitig nicht durchgeführt worden, so dass jedenfalls eine Annulierung dieses Fluges gem. Art. 2 Buchst. I) der VO (EG) 261/2004 (künftig: VO) vorliegt, auf die die Vorschriften der Art. 5, 7, 8 und 9 der VO anzuwenden sind. Die Beklagte war somit nach Art. 5 Abs.1 VO verpflichtet, entweder Unterstützungsleistungen nach den Artikeln 8 bzw. 9 anzubieten oder Ausgleichsleistungen gem. Art. 7 einzuräumen. Jedenfalls hat die Beklagte als Luftfahrtunternehmen bei dem hier vorliegenden Fall, in dem nach ihrer gegenüber dem Kläger gegebenen Auskunft der frühestmögliche Rückflug erst 6 Tage nach dem geplanten Rückflugtermin erfolgen könne, dafür Sorge zu tragen, dass der Kläger so früh als möglich an seinen Heimatort zurückkehren kann oder ihm jedenfalls Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 der VO anzubieten. Diesen in der VO geregelten Pflichten ist die Beklagte nicht nachgekommen; sie hat sich ausschließlich darauf beschränkt, wegen behaupteter außergewöhnlicher Umstände ihre Pflichten zur Betreuung des Klägers zu negieren und einen Rückflug zu einem Termin anzubieten, der für den Kläger nicht zumutbar war.

Das Gericht erkannte dabei, dass der Kläger durch die eigenständige Buchung der Reise als Geschäftsführer ohne Auftrag für die Beklagte ein für sie günstiges Geschäft besorgt hat, so dass die Beklagte hieraus einen Anspruch auf Ausgleich der Fahrtkosten aus §§ 683, 677, 670 BGB hat. Die Organisierung und Finanzierung der Rückreise per Bahn entsprach dem mutmaßlichen Willen der Beklagten und lag in ihrem Interesse. Denn letztlich hat die Beklagte durch diese Geschäftsbesorgung des Klägers erhebliche Kosten an Unterkunftsleistungen und Betreuungsleistungen des Klägers nebst Familie für 6 Tage eingespart, die die Kosten für die Bahnfahrt offensichtlich um ein Mehrfaches überstiegen hätten.
Das Gericht erkannte darüber hinaus, dass sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen könne, dass nach Art. 5 Abs.3 der VO außergewöhnliche Umstände vorgelegen hätten, die zur Annulierung des Rückfluges geführt hätten, und sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte, um diese außergewöhnlichen Umstände zu vermeiden.

Die zunächst gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde nach einem richterlichen Hinweis, dass die Ansicht des erstinstanzlichen Urteils geteilt würde, zurückgenommen.